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Blog — 3. Juli 2025
Die wichtigsten Änderungen durch die EU-Designrechtsreform: Was Unternehmen jetzt wissen müssen
Julia Hirsch — Mit der Reform des europäischen Designrechts vom 23. Oktober 2024 modernisiert die EU ihr Designschutzsystem grundlegend. Die Reform ist Teil des sogenannten „Designpakets“, einer umfassenden Strategie zur Stärkung des geistigen Eigentums in Europa. Sie umfasst zwei zentrale Rechtsakte:
• die Verordnung (EU) 2822/2024 über das eingetragene EU-Geschmacksmuster („UGV“) und
• die Richtlinie (EU) 2823/2024 über den rechtlichen Schutz von Designs, welche das nationale Designrecht harmonisieren soll („Designschutz-Richtlinie“)
I. Warum kam es zu dieser Reform?
Die Unions-Gesetzgeber erkannte insbesondere, dass die aktuellen Normen zum europäischen Designrecht bisher nicht an das digitale Zeitalter angepasst wurden und bestimmte Geschmacksmusterverfahren veraltet waren oder einen zu hohen Verwaltungsaufwand mit sich brachten. Ebenso steht, wie meistens im Unionsrecht, die Harmonisierung des Binnenmarkts im Vordergrund, um Widersprüchlichkeiten zwischen dem EU-Geschmacksmusterrecht und den nationalen Geschmacksmusterrechtsvorschriften zu vermeiden.
II. Was sind die Ziele der Reform?
Die Reform zielt innerhalb der EU darauf ab,
• Moderne, klarere Gestaltung und Stärkung des Geschmacksmusterschutzes
• Verbesserung der Zugänglichkeit des Geschmacksmusterschutzes
• Verbesserung der Interoperabilität der Systeme zum Schutz von Geschmacksmustern und
• Harmonisierung der unterschiedlichen Regelungen zum Schutz von Ersatzteilen
Ob die Reform ihre Wirkungen entfaltet, bleibt der künftigen Rechtspraxis überlassen.
III. Ab wann gelten die neuen Vorschriften?
Die Regelungen treten gestaffelt in Kraft:
• Seit 1. Mai 2025: Inkrafttreten von Teilen der Design-VO
• Ab 1. Juli 2026: Die gesamte Design-Verordnung tritt in Kraft
• Bis 9. Dezember 2027: Die Mitgliedstaaten müssen die Design-Richtlinie bis dahin in nationales Recht umgesetzt haben
IV. Begriffsänderungen: Einheitliches Designrecht
Die Reform führt eine konsistente Terminologie ein:
• Der Begriff „Geschmacksmuster“ entfällt; es heißt nun „Design“.
• Das bisherige „Gemeinschaftsgeschmacksmuster“ wird zum „Unionsgeschmacksmuster“.
Bereits eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster werden automatisch in Unionsgeschmacksmuster umbenannt.
V. Inhaltliche Kernänderungen im Überblick
1. Erweiterter Designbegriff: Jetzt auch animiert und digital
Die Definition von „Design“ umfasst nun auch bewegte oder animierte Erscheinungsformen, z. B. UI-Animationen oder interaktive Gestaltungselemente.
Der neue Begriff lautet:
„…Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon […], einschließlich Bewegung, Zustandsänderung oder jede andere Art der Animation der dort genannten, unverändert gebliebenen Merkmale einschließt.“
Auditive Elemente sind weiterhin nicht geschützt – hierfür kommen andere Schutzrechte (z. B. Markenrecht in Form einer Klangmarke) in Betracht.
2. Neuer Erzeugnisbegriff
Der Begriff „Erzeugnis“ wird ausgeweitet auf:
• Nicht-physische Gegenstände (z. B. digitale Designs)
• Grafische Benutzeroberflächen, Icons, typografische Zeichen
• Verpackungen, Artikelsets, Innenraumgestaltungen, etc.
Computerprogramme bleiben jedoch ausgeschlossen.
3. Einführung des „Eintragungssymbols“
Designinhaber können ihre Produkte künftig mit einer Designkennzeichnung (Buchstabe „D“ innerhalb eines Kreises) versehen. Diese freiwillige Markierung signalisiert Dritten, dass ein Designschutz besteht. Dies soll
• potenzieller Nachahmer abschrecken
• zu Beweiserleichterung im Streitfall führen
• den Markt für Designschutz sensibilisieren
4. Dauerhafte Reparaturklausel für Ersatzteile
Die Reform kodifiziert eine unionsweit einheitliche Reparaturklausel:
Ersatzteile für die Reparatur komplexer Erzeugnisse (z. B. Fahrzeuge) sind nicht designschutzfähig, wenn sie ausschließlich dem Zweck dienen, den ursprünglichen Zustand/Erscheinungsform wiederherzustellen (z. B. Kotflügel).
Diese Regelung soll die Zugänglichkeit des Ersatzteilmarktes stärken und Nachhaltigkeit fördern.
5. Erweiterter Unterlassungsanspruch
Der Unterlassungsanspruch wurde an die digitale Realität angepasst: Er umfasst jetzt auch das Erstellen, Herunterladen, Kopieren und Verfügbarmachen von Medien oder Software, mit denen ein geschütztes Design aufgezeichnet wird, um ein Erzeugnis (z. B. CAD-Dateien, 3D-Druckdateien) herzustellen.
6. Erleichtertes Anmeldeverfahren
Die Reform bringt auch ein erleichtertes Anmeldeverfahren mit sich:
• zentrale Einreichung aller Designanmeldungen beim EUIPO, nicht mehr über nationale Ämter
• Sammelanmeldungen mit bis zu 50 Designs möglich
• neue Darstellungsmöglichkeiten: z. B. 3D-Modelle, Videodateien, interaktive Medien
• verkürzte Prüfungsdauer und vereinfachte Gebührenstruktur
VI. Müssen Sie nun aktiv werden?
Wenn Sie bereits ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster eingetragen haben, erfolgt die Umstellung auf „Unionsgeschmacksmuster“ automatisch. Wenn Sie neue digitale oder animierte Gestaltungen schützen möchten, lohnt sich ein Blick in die neuen Regeln – insbesondere zur Darstellung und Anmeldung.
Auch das Eintragungssymbol und der Reparaturklausel sollten Rechteinhaber und Hersteller Beachtung schenken.
VII. Fazit
Die Reform bringt das europäische Designrecht auf den Stand der digitalen Zeit. Durch klarere Regeln, mehr Schutzmöglichkeiten und ein vereinfachtes Verfahren wird das System sowohl für Einzelpersonen als auch Unternehmen moderner, fairer und zugänglicher.
Dieses Bild wurde mithilfe des KI-Tools DALL-E generiert.
Bei Fragen zu Designs stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung:
Julia Hirsch, juh@vogel-partner.eu